Montag, 8. Oktober 2012

Es begann mit Yoga und endete (fast) in Arrest


Ich bin wahrlich kein Freund der ungerechtfertgiten Verwendung von Superlativen, ABER: Unsere abgelaufenen 24 Stunden spotten wirklich jeder Beschreibung. Ein chronologischer Erlebnisbericht von zwei Tagen voller Chaos, Kultur und Spaß.

Luke wie er leibt und lebt
Das Unheil begann eigentlich bereits am Donnerstagabend als Luke uns, weltoffen wie wir sind, davon überzeugte, dass wir ihn zu seinem täglichen Yoga-Kurs begleiten. Um fünf Uhr morgens! Bewaffnet mit gewissenhaft gepackten Turnbeuteln eskortierten wir Luke in aller Herrgottsfrühe zu seinem täglichen Ritual und die wesentlichste Erkenntnis machte dabei vor allem meine Wenigkeit. Denn Yoga brachte mich - völlig entgegen meiner eigentlichen Erwartungen - tatsächlich ins Schwitzen. Insbesondere da es sich sogar um Hot Yoga handelte, wo sich gemeinsam etwa 30 Leute in einem engen Raum mit wenig Luft verrenken. So weit, so gut.

Als wir uns anschließend wieder am Auto trafen, kramte Luke plötzlich einen Gedanken hervor, den er zuvor, wenn überhaupt, irgendwo zwischen den Zeilen formuliert haben muss.

"And now, lets go for a little hike"

Alright, eine kleine Wandertour. Gemeinsam stiegen wir ins Auto und Luke, der im Übrigen durch einen Formel 1- Fahrstil Atemstillstände im Sekundentakt verursacht, chauffierte uns scheinbar zielorientiert aus Calgary - ohne Sprit. Dies teilten wir ihm auch mehrmals mit, doch Luke war leider dauerhaft mit der Verbesserung der Welt beschäftigt und so mussten wir irgendwo zwischen Calgary und Nirgendwo nach Sprit betteln gehen. Glücklicherweise erfolgreich.

Als Luke dann, nachdem er als erste Amtshandlung mit dem erbettelten Sprit Scharen von Lastern überholte, auch einsah, dass wir jetzt dann doch mal tanken müssten, kam Robert auf eine kluge Nachfrage: 

"Luke, wo fahren wir überhaupt hin?"

Daraufhin teilte uns Luke mit, dass wir auf dem unmittelbaren Highway in die Rockies sind. What? 
Ok, gut zu wissen. Drei Stunden Autofahrt für einen kleinen Hike, willkommen in den kanadischen Verhältnissen von Zeit und Raum. 

Es folgte im Anschluss eine Lagebesprechung beim Frühstück. Luke offerierte uns netterweise, dass er das ganze Wochenende bezahlen würde und wir ihm als Gegenleistung lediglich nächste Woche das Basement fertig machen sollen. Deal!
Doch war dies längst nicht alles, was Luke uns anbot, denn darüberhinaus präsentierte uns Luke einen weiteren Geistesblitz:

"Lasst uns eine Nacht in den Rockies bleiben, ich kenne jemanden, der ein Ferienhaus hier hat." 

Wenn wir mal ausklammern, dass wir lediglich mit unseren spärlichen Sportbeuteln bewaffnet waren, klingt dies doch nach einer absolut einmaligen Gelegenheit. Und da wir bereits gewohnt sind das, was uns an Ausstattung fehlt, mit sagenhaftem Heldentum wieder wett zu machen, stürzten wir Hals über Kopf ohne Ausweis, Geld und jegliche Hygieneansprüche ins Abenteuer.
Als wir einige Stunden später die Rocky Mountains schließlich erreichten, waren diese Gedanken ohnehin wie weggeblasen, denn der Ausblick vom Sulphur Mountain war schlichtweg faszinierend. Nach unserem Gipfelsturm und einem atemberaubenden Ausblick warteten auf uns weitere zwei Stunden Autofahrt auf dem Weg in die Ferienhütte. Doch als wir dort etwa um 21 Uhr aufkreuzten, folgte eine neue Episode der niemals endenden Soap "Typisch Luke".
Denn weder war jemand anwesend, der uns herzlich begrüßte, noch hatte Luke einen Schlüssel für das Luxushaus seiner, wie sich später herausstellte, Schwiegereltern. Während wir uns völlig entsetzt im Dunkel der Nacht  anstarrten,  kreierte Luke hingegen völlig unaufgeregt erneut eine grandiose Idee: Dann brechen wir halt (mehr oder weniger) ein! Mit einem alten Trick hebelte der Zimmermann ein Fenster aus und öffnete uns wenig später die Tür von Innen. 

Und was machen wir jetzt? Im Prinzip hatten wir irgendwo im Nirgendwo der Rocky Mountains keine Wahl: Wir folgen Luke und versuchen den Luxus des Hauses bestmöglich zu genießen, was auch immer Luke mit seinen Schwiegereltern abgesprochen hatte. Nach einer wirklich komfortablen Nacht und entspannten Stunden am Kamin fanden wir schließlich unsere verdiente Bettruhe. 

Nächster Tag, nächster Schock: Luke ist weg! Wo zur Hölle ist denn bitte Luke? Jetzt besetzen wir hier allein völlig fremdes Eigentum. Was ist, wenn jetzt die Schwiegereltern auftauchen?
Glücklicherweise meldete sich Luke wenig später zumindest per SMS bei Robert und kündigte seine baldige Rückkehr an, die sich jedoch Stunde um Stunde verzögerte. Warum? Natürlich fand Luke auf seinem Weg einen verwahrlosten Hund, den er - selbstverständlich - aufgabelte und uns wenig später stolz präsentierte. Glücklicherweise gehören abstruse Situationen nicht erst seit Luke zu unserem täglich Brot, dennoch ist dieser Typ ist absolut verrückt. Trotz aller Absurdität, die diese Situation beinhaltete, befassten wir uns zügig mit der wichtigen Thematik der Namensfindung unseres  fünften Mitglieds der Reisegruppe. Dabei durchgesetzt hat sich in einem toughen Verhandlungsprozess: WOLFGANG. Wolfgang und die Wolfgäng, manch einer findet das sicher witzig.


Mit absoluter Selbstverständlichkeit begleitete uns von nun also Wolfgang auf der Rückbank unseres Volvos und somit erlebte auch er die Hot Springs, die wir am Samstag gemeinsam besuchten. Ein heißes Bad mitten in den Rivers von den Rockies, einfach unvergesslich. Nach einem entspannten Nachmittag in den Hot Springs, wo Luke es übrigens ebenfalls schaffte etwa zwanzig Pool-Insassen mit nimmermüden Grundsatzdebatten zu unterhalten, traten wir schließlich den Heimweg Richtung Calgary an - natürlich mit Hund.

Auch der Weg nach Hause hielt noch die ein oder andere Anekdote parat: Denn nachdem Luke etwa fünf Stunden durchgängig gefahren war, war es schließlich Michel, der seine Hilfsbereitschaft nicht mehr zügeln konnte und Luke seine Fahrdienste anbot. Ein Entschluss, der Folgen haben sollte. Denn nachdem Luke dauerhaft wie eine Wildsau den Highway malträtierte, fuhr Michel im Vergleich zu ihm zwar sehr dezent, jedoch war Fortuna nicht mit ihm. Bei etwa 155 Km/h  bei erlaubten 100 Km/h stoppte ihn die kanadische Polizei und veranstaltete ein mittelschweres Drama mit zwei Polizeiwagen und einem Polizisten, der dauerhaft eine Hand an seiner Waffe haben musste. Wahrscheinlich weil wir so gefährlich aussahen. Das Schlimme an Michels Bleifuß war: In Kanada begeht man ab 50 Km/h über dem erlaubten Geschwindigkeitslimit eine Straftat und darf unter Umständen sogar eine Nacht in der Zelle verbringen.  Dieses Schicksal versuchte Michel gekonnt mit der "ich bin doch nur der dumme Deutsche, der nur die grenzenlose deutsche Autobahn kennt" abzuwenden und im Sinne einer perfekten Inszenierung konnte er dann auch kein Englisch mehr und benötigte zudem einen persönliche Übersetzer. Diesen Part übernahm der heldenhafte Robert, der jegliche Wiedergabe der Worte des Polizeiofficers begann mit: "Michel, deine Mutter ist..." Worauf dieser wiederum nur nickte und sich auf die Lippen biss

Dennoch: Ohne das Wohlwollen des kanadischen Polizeiofficers würde Michel wohl gerade nicht neben mir sitzen und bereits darüber lachen. 350 Dollar Strafe erwarten ihn nun. Das kuriose Ende eines Ausflugs, der mit Yoga begann.

Außerdem ein Link zu Michels Sicht der Dinge:
http://zigeunerei.blogspot.de/


By the way: Dank Luke und seiner Familie durften auch wir Europäer am vergangenen Tag Thanks Giving zelebrieren und wir wohnten einem absolut pompösen Festtagsessen bei. Danke, es war unfassbar lecker!












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