Dienstag, 23. Oktober 2012

Trauer: Der One hat aufgegeben.

Auch wenn ich ungern die lang anhaltenden Gerüchte über die Unzerstörbarkeit meines One-Laptops entkräften möchte: Es zeichnen sich seit wenigen Tagen erste Sterblichkeitstendenzen des Ones ab. Seit einigen Tagen straft mich der One, der ja ohnehin von Anfang an kaputt war, mit einem schwarzen Bildschirm und lässst sich nicht mehr hochfahren.

Viel schlimmer als diese verheerende Neuigkeit ist jedoch, dass ich jegliche Blogbeiträge über fremde PC's etc. verfassen muss. Doch keine Sorge, ich werde der Situation im Laufe dieser Woche noch Abhilfe schaffen und mir eines dieser neuartigen Netbooks ersteigern. Alle erwähnenswerten Entwicklungen in ein Paar Sätzen:

Wir sind aus Lukes goldenem Käfig ausgebrochen. Was uns letztendlich wohl solange bei Luke, dem strangesten Typen der Weltreise bisher, hielt, waren wohl die angenehmen Lebensumstände in seiner Luxuswohnung. Dennoch hatten wir gestern genug von Lukes Exzentrik und Weltfremdheit und nahmen deshalb sogar, das erste Mal seit Reisebeginn, Kosten für eine Behausung in Kauf. Dementsprechend leben wir jetzt für eine Woche im Hostel.

Auf dem Bau ist soweit alles sehr cool. Jeder hat seinen persönlichen Vorarbeiter, mit dem er sozusagen seine coole Connection hat. For Example: Mein Buddy heißt Alex, ist gerade mal 20 Jahre alt, und ist der aufgehende Stern der Firma. Mit 20 Lenzen ist Alex bereits für komplette Baustellen alleine verantwortlich.  In Anbetracht seiner Reife und seiner Fähigkeiten ist dies jedoch völlig nachvollziehbar.
Als wir irgenwann gemeinsam in seinem Truck durch die Straßen zwischen den Baustellen verkehrten, drehte mein drei Jahre jüngerer Chef plötzlich Tech 9 (für Unwissende: ein populärer US-Rapper) bis zum Anschlag auf und und freute sich, dass sein deutsches Weißbrot auf einmal mitrappte. Seitdem cruisen wir meistens gemeinsam zwischen den Baustellen umher und tun in seinem Pickup in vollgesauter Bauarbeitermontur auf hart - aus Spaß, versteht sich.
Gemeinsam mit Michel und Robert heißen wir übrigens nur noch die imports.

Randnotiz: Durch unseren Job hat mein Lebenslauf ein weiteres interessantes Kapitel erhalten, denn ab nun bin ich sogar Bauarbeiter mit Auslandserfahrung! Wenn ich das später nicht brauch, dann weiß ich auch nicht

Der Zeitplan hat sich - Überraschung, Überraschung - mal wieder geändert. Wir buckeln jetzt drei Wochen mit extra langen Schichten knallhart durch, um endlich aus dem unfassbar kalten Calgary zu verschwinden (Heute -5°). Nächster Halt wird dann Vancouver sein.

One R.I.P.
Ich werde dich nie vergessen!

Samstag, 20. Oktober 2012

Zeit für ein (emotionales) Resümee


Einen Monat sind die drei Musketiere nun also weit weit entfernt von zu Hause unterwegs und es ist seitdem eine Menge passiert. Eine Nachbetrachtung zum wohl bisher spannendsten Monat unseres Lebens.

Wie der ein oder andere Interessierte unter Euch sicher bereits mitgeschnitten hat, begann unser ganzes Abenteuer eigentlich unter schlechtesten Vorzeichen. Die Videospielcompany, die uns monatelang einen Traumjob vorheuchelte, gab uns zwei Wochen vor Abflug den Laufpass und wir kamen im Prinzip mit nichts, außer vollgepackten schweren Taschen und viel Fantasie nach Kanada. 

Nach einem endlosen Flug empfing uns unser erster Couchsurfing host Jean Philippe kurz nach Mitternacht mit mittelmäßiger Laune und in Shorts. Trotz eines kurzen Smalltalks - der zumindest offenbarte, dass JP ein halbwegs anständiger Typ ist - war die Situation an sich einfach nur strange. Plötzlich lag ich In der Wohnung eines Fremden in einem noch fremderen Land, dessen Sprache ich auch höchstens mittelprächtig beherrsche, auf dem Sofa. Deshalb  will ich im Nachhinein auch gar nicht wissen, wie viel Zeit ich mit offenen Augen auf JP‘s viel zu kleinen Couch in Embryonalstellung  verbrachte und mich fragte:
Alter, du liegst hier irgendwo in Montreal auf einer fremden Couch, hast vielleicht Geld für zwei Monate -Wie gehst jetzt eigentlich weiter?

Unsicherheit, eigentlich ein Begriff, mit dem ich in meinem bisherigen Leben nur selten konfrontiert wurde, insbesondere auf einem anderen Kontinent.

Es folgte: das große ABER.  Denn nachdem wir mit Mavie und Gab, unseren zweiten Couchsurfing hosts, so wundervolle Menschen kennengelernt hatten, die uns einerseits die Welt zu Füßen legten und andererseits  eine wundervolle Lebensphilosophie repräsentierten, entwickelte sich meine persönliche Gefühlsachterbahn zunehmend horizontal, da bereits unsere beiden Punkladies andeuteten, dass es tatsächlich überall Menschen gibt, die sich selbstlos um dich kümmern, egal,  ob du fremd bist oder nicht, ob du Punker bist oder nicht.

Dennoch wussten wir auch während dieser einmaligen Zeit:

Wer reisen will, braucht Geld.

So viel wie irgendwie möglich. Und in diesem Kontext gab es, tragischerweise, leider keine unpassendere Stadt als Montreal. Deshalb folgten wir mehr oder weniger durchdacht den Stimmen, die wir schon seit  unserer Ankunft hörten, deren Wahrheitsgehalt wir allerdings zu keiner Zeit wirklich einschätzen konnten.
“Just move west. They have jobs there everywhere.

Na gut, also moven wir mal west – wie Feivel der Mauswanderer.  Irgendetwas wird schon dran sein an den Gerüchten und so beförderten wir erneut die einzige Konstante unserer Reise, die vollgepackten Taschen, in den Greyhoundbus und machten uns auf den 3.500Km langen Weg in die nächstgrößte west-kanadische Stadt Calgary. Nach unseren beiden Zwischenstops in Thunder Bay und Regina waren wir uns schnell einig:

Zum Glück sind wir auf Reisen gegangen.

Warum? Schemenhaft zusammengefasst: Weil wir Menschen kennengelernt  haben, durch die wir familiäre Atmosphäre genießen konnten, ohne auch nur im Ansatz mit verwandt zu sein. Ein Beispiel: Unser  Gastgeber in Regina, Susann, der wir recht unverzüglich mitteilten, dass wir eigentlich nur auf der Durchreise sind, um im Westen Geld zu verdienen, drang uns quasi dazu, ihren Zaun zu streichen und stellte uns Farbe zur Verfügung, die vielleicht für 45 Minuten Kunstunterricht gereicht hätte – aber niemals für  einen ganzen Zaun. Als wir ihr dann mitteilten, dass wir nach drei Stunden Arbeit keine Farbe mehr hatten, um weiterzumachen, nickte Susann dies breitwillig ab und legte uns am nächsten Morgen jeweils 60$ auf den Tisch. Unser erstes ehrlich verdientes Geld fühlte sich zwar irgendwo nett an, täuscht aber nicht darüber hinweg, dass Susann ihren drei deutschen Travellern einfach nur helfen wollte.

Dennoch kehrten mit unserer Ankunft in Calgary auch die Sorgen wieder zurück. Angeblich sollte es recht einfach sein, mit den Websites kajiji.com und craigslist.com  zumindest vorübergehende Arbeit zu finden -  fail. Erst nach etwa 847 Kontaktversuchen und ungefähr 848 Absagen erklärte sich schließlich ein Bauunternehmer mit deutschen Wurzeln bereit,  uns zu beschäftigen.  Was für uns den absoluten turning point bedeutete.
Denn trotz aller Aufs und Abs hatte sich Im Endeffekt nichts an der wesentlichen Konstellation für uns drei geändert: Wir sind in den Westen Kanadas über 3500 Km gefahren – was übrigens Paris-Moskau entspricht -  und haben nun – endlich - einen Job. Zwar ist es einerseits sicher alles andere als eine Traumvorstellung als sogenannter Geisteswissenschaftler mit schwer körperlicher Arbeit sein Geld zu verdienen, jedoch können wir bereits nach vier Tagen Arbeit resümieren, dass unser aktueller Arbeitgeber aufgrund seiner geschmeidigen Philosophie absolut genial für uns ist. Es wird zwar durchaus hart gearbeitet, aber es macht sich definitiv niemand tot und zudem sind unsere Vorarbeiter allesamt formidable Typen – die auch gern mit uns andere (noch) unfähigere Hilfsarbeiter verurteilen J.
Nun, sicher ist dies nicht die totale Verwirklichung des amerikanischen Traums für uns, doch so ganz unangemessen erscheint jeglicher Gedankengang in diese Richtung nicht. Denn auf diese Weise können wir verhältnismäßig entspannt die finanzielle Grundlage für eine gelungene Weltreise schaffen und andererseits erlebten wir allein durch die Reise ach Calgary Einmaliges, das keiner von uns mehr missen möchte.

Übrigens: Wir wohnen immer noch bei Luke.  Der nächste Blog wird sich mit dieser immer noch bizarren Situation befassen.

Beste Grüße nach Deutschland

Und ich drücke alle Daumen, die ich habe, dem BVB für morgen. Zumindest insofern ich keine Schaufel in der Hand habe und graben muss. 

Mittwoch, 17. Oktober 2012

Deutsche Wertarbeit

Nach 3.5000 Km quer durch Kanada von Ost nach West ist es also vollbracht: Nach zahlreichen Kleinarbeiten (Zaun streichen, Keller einreißen, Möbel tragen etc.) hat sich das "proper work" der three germans endgültig auch in Kanada rumgesprochen und wir befinden uns nun im gelobten Land des Angestelltenverhältnisses. In welcher Branche? Selbstverständlich auf dem Bau, wo ich als Bad-Boy-Bau-Ikone, Michel Dachdecker-Legende und Robert als Universalgenie, bis jetzt einen anständigen Eindruck machten - und uns natürlich außerdem als Politik-, BWL- bzw. Philosophie-Studenten selbst vollständig verwirklichen konnten!!!
Doch im Ernst, generell scheinen wir mit unserer einverleibten deutschen Arbeitermentalität grundsätzlich keine schlechten Prämissen zu haben, da bisher jeder kanadische Auftraggeber tendenziell überrascht schien, wie viel Arbeit wir in bestimmter Zeit bereits verrichtet haben.

Glücklicherweise erscheint unsere aktuelle Baufirma - deren Namen wir nicht kennen - so ein wenig wie der Himmel auf Erden. For example: Unser Vorarbeiter hat am heutigen Tag etwa 20 Bretter in einem Umkreis von 5 Metern hin und her verschoben und ansonsten mit versteinerter Miene Baupläne auswendig gelernt und ausgiebig (mit seiner Freundin?) telefoniert. Wir bewegten immerhin ein Paar mehr Bretter, erledigten Kleinarbeiten und haben reichlich, qualitativ hochwertig, doof gequatscht - unsere Spezialität. Für 15$ (12-13 Euro) pro Stunde lassen wir dies gerne so über uns ergehen und das besagte westliche Land wurde so auch für uns zum Kulminationspunkt des kanamerikanischen Traums. Zumindest wenn sich der bisherige Eindruck so bestätigt, wie bisher, wir werden sehen...


Montag, 15. Oktober 2012

Zeit zu gehen

Was macht ein Mensch wie Luke, um sich sein täglich Brot zu verdienen? Genau, er gründet eine NGO, deren eigentlichen Sinn und Inhalt er nicht fünf Sätzen vernünftig artikulieren kann. Für diese NGO namens Th3 Hiv3 waren wir gestern quer durch Calgary mit einem völlig unangemessen großen Transporter unterwegs und machten mit einem professionellen Fotografen einige durchaus schicke Aufnahmen.

Die Begleitumstände dieses Shootings waren jedoch aus unserer Perspektive so blamabel, dass sich in drei verschiedenen Köpfen der gleiche Gedanke manifestierte: Es ist Zeit zu gehen. Warum wird Luke wahrscheinlich nicht wirklich verstehen. Doch dass wir, nachdem wir ihm den ganzen Tag Fotokopierer, Schreibtische und Stühle durch die Gegend manövrierten, nicht das leiseste Wort des Dankes hörten, brachte irgendwo das Fass - im Kontext unendlicher weiterer Dummheiten - zum überlaufen. Das eigentlich Schlimme daran: Luke wird dieses Problem in seiner natureigenen Ignoranz und Perspektive der Welt nicht nachvollziehen können, doch allmählich sind wir es schlichtweg leid, ihm diesbezüglich die Augen öffnen zu wollen.

Da trifft es sich doch perfekt, dass wir morgen früh ein Vorstellungsgespräch für einen echt lukrativen Job mit 18 $ (!) Stundenlohn in Fort McMurray haben und wir somit Calgary hoffentlich den Rücken kehren können.

Eindrücke vom Shooting




















Calgary at night


Etwas schwierig anzuschauen, ich weiß. Aber wenn wir schon mal ein Video von unseren nächtlichen Aktivitäten und geistreichen Kommentaren haben, dann möchte ich Euch dies nicht vorenthalten.
Die Weltherrschaft mute ich VenCash trotzdem zu.



Dienstag, 9. Oktober 2012

Denglisch Vol. 1

Fünf absurde Kombinationen aus Deutsch und Englisch, von denen eine sogar stimmt.

1.) "This is for me jacket like trowsers."

2.) "Do you have tomatos on your eyes?"

3.) "I will drink you under the table!"

4.) "She gave me a basket."

5.) "That goes on no cowskin."
























Es ist Nummer 3 :)

Montag, 8. Oktober 2012

Es begann mit Yoga und endete (fast) in Arrest


Ich bin wahrlich kein Freund der ungerechtfertgiten Verwendung von Superlativen, ABER: Unsere abgelaufenen 24 Stunden spotten wirklich jeder Beschreibung. Ein chronologischer Erlebnisbericht von zwei Tagen voller Chaos, Kultur und Spaß.

Luke wie er leibt und lebt
Das Unheil begann eigentlich bereits am Donnerstagabend als Luke uns, weltoffen wie wir sind, davon überzeugte, dass wir ihn zu seinem täglichen Yoga-Kurs begleiten. Um fünf Uhr morgens! Bewaffnet mit gewissenhaft gepackten Turnbeuteln eskortierten wir Luke in aller Herrgottsfrühe zu seinem täglichen Ritual und die wesentlichste Erkenntnis machte dabei vor allem meine Wenigkeit. Denn Yoga brachte mich - völlig entgegen meiner eigentlichen Erwartungen - tatsächlich ins Schwitzen. Insbesondere da es sich sogar um Hot Yoga handelte, wo sich gemeinsam etwa 30 Leute in einem engen Raum mit wenig Luft verrenken. So weit, so gut.

Als wir uns anschließend wieder am Auto trafen, kramte Luke plötzlich einen Gedanken hervor, den er zuvor, wenn überhaupt, irgendwo zwischen den Zeilen formuliert haben muss.

"And now, lets go for a little hike"

Alright, eine kleine Wandertour. Gemeinsam stiegen wir ins Auto und Luke, der im Übrigen durch einen Formel 1- Fahrstil Atemstillstände im Sekundentakt verursacht, chauffierte uns scheinbar zielorientiert aus Calgary - ohne Sprit. Dies teilten wir ihm auch mehrmals mit, doch Luke war leider dauerhaft mit der Verbesserung der Welt beschäftigt und so mussten wir irgendwo zwischen Calgary und Nirgendwo nach Sprit betteln gehen. Glücklicherweise erfolgreich.

Als Luke dann, nachdem er als erste Amtshandlung mit dem erbettelten Sprit Scharen von Lastern überholte, auch einsah, dass wir jetzt dann doch mal tanken müssten, kam Robert auf eine kluge Nachfrage: 

"Luke, wo fahren wir überhaupt hin?"

Daraufhin teilte uns Luke mit, dass wir auf dem unmittelbaren Highway in die Rockies sind. What? 
Ok, gut zu wissen. Drei Stunden Autofahrt für einen kleinen Hike, willkommen in den kanadischen Verhältnissen von Zeit und Raum. 

Es folgte im Anschluss eine Lagebesprechung beim Frühstück. Luke offerierte uns netterweise, dass er das ganze Wochenende bezahlen würde und wir ihm als Gegenleistung lediglich nächste Woche das Basement fertig machen sollen. Deal!
Doch war dies längst nicht alles, was Luke uns anbot, denn darüberhinaus präsentierte uns Luke einen weiteren Geistesblitz:

"Lasst uns eine Nacht in den Rockies bleiben, ich kenne jemanden, der ein Ferienhaus hier hat." 

Wenn wir mal ausklammern, dass wir lediglich mit unseren spärlichen Sportbeuteln bewaffnet waren, klingt dies doch nach einer absolut einmaligen Gelegenheit. Und da wir bereits gewohnt sind das, was uns an Ausstattung fehlt, mit sagenhaftem Heldentum wieder wett zu machen, stürzten wir Hals über Kopf ohne Ausweis, Geld und jegliche Hygieneansprüche ins Abenteuer.
Als wir einige Stunden später die Rocky Mountains schließlich erreichten, waren diese Gedanken ohnehin wie weggeblasen, denn der Ausblick vom Sulphur Mountain war schlichtweg faszinierend. Nach unserem Gipfelsturm und einem atemberaubenden Ausblick warteten auf uns weitere zwei Stunden Autofahrt auf dem Weg in die Ferienhütte. Doch als wir dort etwa um 21 Uhr aufkreuzten, folgte eine neue Episode der niemals endenden Soap "Typisch Luke".
Denn weder war jemand anwesend, der uns herzlich begrüßte, noch hatte Luke einen Schlüssel für das Luxushaus seiner, wie sich später herausstellte, Schwiegereltern. Während wir uns völlig entsetzt im Dunkel der Nacht  anstarrten,  kreierte Luke hingegen völlig unaufgeregt erneut eine grandiose Idee: Dann brechen wir halt (mehr oder weniger) ein! Mit einem alten Trick hebelte der Zimmermann ein Fenster aus und öffnete uns wenig später die Tür von Innen. 

Und was machen wir jetzt? Im Prinzip hatten wir irgendwo im Nirgendwo der Rocky Mountains keine Wahl: Wir folgen Luke und versuchen den Luxus des Hauses bestmöglich zu genießen, was auch immer Luke mit seinen Schwiegereltern abgesprochen hatte. Nach einer wirklich komfortablen Nacht und entspannten Stunden am Kamin fanden wir schließlich unsere verdiente Bettruhe. 

Nächster Tag, nächster Schock: Luke ist weg! Wo zur Hölle ist denn bitte Luke? Jetzt besetzen wir hier allein völlig fremdes Eigentum. Was ist, wenn jetzt die Schwiegereltern auftauchen?
Glücklicherweise meldete sich Luke wenig später zumindest per SMS bei Robert und kündigte seine baldige Rückkehr an, die sich jedoch Stunde um Stunde verzögerte. Warum? Natürlich fand Luke auf seinem Weg einen verwahrlosten Hund, den er - selbstverständlich - aufgabelte und uns wenig später stolz präsentierte. Glücklicherweise gehören abstruse Situationen nicht erst seit Luke zu unserem täglich Brot, dennoch ist dieser Typ ist absolut verrückt. Trotz aller Absurdität, die diese Situation beinhaltete, befassten wir uns zügig mit der wichtigen Thematik der Namensfindung unseres  fünften Mitglieds der Reisegruppe. Dabei durchgesetzt hat sich in einem toughen Verhandlungsprozess: WOLFGANG. Wolfgang und die Wolfgäng, manch einer findet das sicher witzig.


Mit absoluter Selbstverständlichkeit begleitete uns von nun also Wolfgang auf der Rückbank unseres Volvos und somit erlebte auch er die Hot Springs, die wir am Samstag gemeinsam besuchten. Ein heißes Bad mitten in den Rivers von den Rockies, einfach unvergesslich. Nach einem entspannten Nachmittag in den Hot Springs, wo Luke es übrigens ebenfalls schaffte etwa zwanzig Pool-Insassen mit nimmermüden Grundsatzdebatten zu unterhalten, traten wir schließlich den Heimweg Richtung Calgary an - natürlich mit Hund.

Auch der Weg nach Hause hielt noch die ein oder andere Anekdote parat: Denn nachdem Luke etwa fünf Stunden durchgängig gefahren war, war es schließlich Michel, der seine Hilfsbereitschaft nicht mehr zügeln konnte und Luke seine Fahrdienste anbot. Ein Entschluss, der Folgen haben sollte. Denn nachdem Luke dauerhaft wie eine Wildsau den Highway malträtierte, fuhr Michel im Vergleich zu ihm zwar sehr dezent, jedoch war Fortuna nicht mit ihm. Bei etwa 155 Km/h  bei erlaubten 100 Km/h stoppte ihn die kanadische Polizei und veranstaltete ein mittelschweres Drama mit zwei Polizeiwagen und einem Polizisten, der dauerhaft eine Hand an seiner Waffe haben musste. Wahrscheinlich weil wir so gefährlich aussahen. Das Schlimme an Michels Bleifuß war: In Kanada begeht man ab 50 Km/h über dem erlaubten Geschwindigkeitslimit eine Straftat und darf unter Umständen sogar eine Nacht in der Zelle verbringen.  Dieses Schicksal versuchte Michel gekonnt mit der "ich bin doch nur der dumme Deutsche, der nur die grenzenlose deutsche Autobahn kennt" abzuwenden und im Sinne einer perfekten Inszenierung konnte er dann auch kein Englisch mehr und benötigte zudem einen persönliche Übersetzer. Diesen Part übernahm der heldenhafte Robert, der jegliche Wiedergabe der Worte des Polizeiofficers begann mit: "Michel, deine Mutter ist..." Worauf dieser wiederum nur nickte und sich auf die Lippen biss

Dennoch: Ohne das Wohlwollen des kanadischen Polizeiofficers würde Michel wohl gerade nicht neben mir sitzen und bereits darüber lachen. 350 Dollar Strafe erwarten ihn nun. Das kuriose Ende eines Ausflugs, der mit Yoga begann.

Außerdem ein Link zu Michels Sicht der Dinge:
http://zigeunerei.blogspot.de/


By the way: Dank Luke und seiner Familie durften auch wir Europäer am vergangenen Tag Thanks Giving zelebrieren und wir wohnten einem absolut pompösen Festtagsessen bei. Danke, es war unfassbar lecker!












Freitag, 5. Oktober 2012

3.500 Kilometer in Bildern

Unser treuer Begleiter: der Greyhoundbus

Mount Mc Kay in Thunder Bay







Regina Beach: Susanns Garten


















Mittwoch, 3. Oktober 2012

What the fuck?

Es ist fast schon unfassbar, was für eine unglaubliche Achterbahnfahrt wir mit unserem aktuellen Host namens Luke (33) in Calgary erleben. Nachdem er, wie bereits im vorigen Blog erwähnt, ein sehr merkwürdiges Jobangebot unterbreitete, bestätigte sich der merkwürdige Eindruck zunächst bis ins Unheimliche. Denn statt des üblichen Smalltalks ging Luke gleich zur Begrüßung am Bahnhof in die Vollen und wählte als erstes Gesprächsthema, wie er das vorhandene System hasst und was seine Probleme damit sind.
What the fuck? 
Die Problematik nach elf Stunden Busfahrt sofort derartig tiefgründige Diskussionen führen zu müssen, ist sicher nachvollziehbar und sie manifestierte sich vor allem in minutenlangem Schweigen unsererseits - und endete schlussendlich in einem Monolog Lukes.

Lukes luxuriöse Wohnung
Nicht weniger strange wurde es am Morgen danach. Denn dort weckte uns kurioserweise Lukes besorgte Mutter und erklärte uns, in was für einer konfusen Situation sich unser Gastgeber gerade befindet und nährte jegliche bereits vorhandene Skepsis unsererseits. Zur Situation: Luke ist im Prinzip Walden von Two and a Half Men. Er lebt in einem absoluten Luxusapartment, das vermuten lässt, wie viel Geld er in seinem Job verdient haben muss, den er vor wenigen Monaten kündigte. Zudem hat ihn seine schwangere Frau (temporär?) verlassen, sein Bruder ist kürzlich verstorben und zusätzlich wurde ihm ADHS diagnostiziert. In einem Satz: Er durchlebt gerade die schlimmste Zeit seines Lebens.

Dementsprechend kamen wir spätestens nach unserem Rendezvous mit Lukes Mutter einstimmig zu dem Entschluss: Luke, wir müssen reden. In besagtem Gespräch schilderte uns Luke, detailliert und emotional durchaus berührt,  seine momentane desaströse Situation und wir führten ein extrem intensives Gespräch, in dem der 33-jährige ehemalige Besitzer einer Baufirma uns all seine Sorgen mitteilte, seine verquere Situation völlig nachvollziehbar erklärte und jegliche Angst bzw. Vorhaben der sofortigen Abreise auf unserer Seite nach und nach schwanden.
Unser Platz des Schaffens
Denn gemeinsam stellten wir fest: Trotz der ein oder anderen Eigenheit ist Luke prinzipiell ein guter, wenn nicht sogar ein sehr guter, Mensch, dem wir vielleicht sogar weiterhelfen können in seiner Midlifecrisis.

Also: Macht euch keine Sorgen in der Heimat, wir wissen genau, worauf wir uns einlassen. Luke ist definitiv anders ("I don't fit into this fucking system"), aber er ist kein Mensch, vor dem man Angst haben müsste.

Ach ja, der besagte Job, den uns Luke offerierte, ist übrigens gar nicht so absurd. Wir sollen in der unteren Etage des Hauses alle Wände einreißen und sozusagen die Bedingungen für ein unterirdisches Loft herrichten. Ein Job, den wir in den kommenden zwei Tagen erledigen werden und uns anschließend wieder auf die Reise begeben.

Ps. Nachdem wir vor zwei Tagen noch am Strand lagen, hat es heute in Calgary geschneit.

Montag, 1. Oktober 2012

Wer ist Luke?

Zwei zauberhafte Tage liegen hinter uns - oder genau genommen nur ein zauberhafter Tag, da heute in erster Linie Wundenlecken angesagt war. Warum? Susanns Tochter Becky (Barkeeper) forderte rotzfrech Tick, Trick und Track auf, ihre Trinkfestigkeit unter Beweis zu stellen und im Sinne der Globalisierung (und der allgemeinen Sicherheit) opferten wir uns todesmutig auf, dem 22-jährigen Redhead deutsche Trinkgewohnheiten unter Beweis zu stellen -- Mit partiellem Erfolg, wie sich später herausstellen sollte. Denn,  wie sicher auch der ein oder andere von Euch wissen wird,: Leg dich nie mit einem Barkeeper an! Insbesondere nicht in seiner eigenen Bar. However.

Nach einem strahlenden Wochenende holt auch uns in gewisser Weise wieder der Alltag ein, denn morgen früh um 07.30 Uhr rollt für uns wieder der Greyhoundexpress satte zehn Stunden Richtung ungewisse Zukunft. In Calgary  (unser nächster vorübergehender Aufenthaltsort) wartet schließlich ein gewisser Luke auf uns, der bereits für die ein oder andere Irritation innerhalb der Gruppe gesorgt hat. Denn: Luke war der Einzige, der sich auf mein mehr weniger halbherziges Jobgesuch bei Couchsurfing gemeldet hat und zudem aber nie sagen wollte, worum es bei diesem Job eigentlich geht. Morgen wissen wir hoffentlich mehr.

Beenden möchte ich meinen Beitrag mal wieder mit klugen Worten von klugen Menschen. In diesem Fall mit denen unseres bezaubernden Hosts Susann, die sich während der Autofahrt von Regina Beach nach Regina darüber beklagt, wie bettlägerig und unflexibel der Großteil ihrer Altersgenossen bereits ist:

I don't want to just exist. I want to live.