Montag, 29. September 2014

Ankunft in Delhi: Mitten rein ins Tohuwabohu - Teil 1

Manchmal hab ich mich in den letzten 48 Stunden gefragt, ob ich nicht zwischenzeitlich mal vergessen habe zu atmen. So aufregend war das alles.

Bereits die Grundkonstellation dieses ganzen Indien-Vorhabens, das ich mir da auf die Fahnen geschrieben habe, ist ja bereits durchaus absurd. Ich habe einfach in die ganze Welt E-Mails geschickt mit nahezu dem gleichen Inhalt und gewartet, wer sich so meldet. Die erste Dame, die auf meine wahrlosen Kontaktaufnahmen reagierte, war eine gewisse Frau S. vom Goethe Institut Neu Delhi. Im Laufe einer nicht mehr als 5 E-Mails andauernden Konversation stand fest, dass ich ein Praktikum in Neu Delhi für mein Masterstudium absolvieren werde. Die letzte Nachricht war dann: "Herr Kumar holt sie dann vom Flughafen ab." Das war's.

Bei Bier bin ich Patriot
Und gestern Nacht stand ich nun also da. Aus ein bisschen E-Mail-Verkehr war plötzlich die Realität geworden. Meinem grundsätzlichen Ideal von falschem Geiz war ich auch dieses Mal treu geblieben und  hatte natürlich Stunden damit verbracht, den billigsten Flug zu finden. Das gelang mir auch, aber das entscheidende Problem dabei: Der Flug erreichte Delhi etwa um 23.30 Uhr. Wenn Herr Kumar nicht da ist, weil er keine Lust hatte, solange aufzubleiben, um irgendeinen doofen Praktikanten abzuholen, wäre ich aufgeschmissen. Ich hatte weder Rupien noch Internet zur Hand, um auch nur ansatzweise einen Notfallplan entwickeln zu können. Und ob es unbedingt klug gewesen wäre als White Boy mit großen Reisetaschen durch du indische Nacht zu irren, würde ich mal drastisch in Frage stellen. Es waren genau diese Gedanken, die mir durch den Kopf schwirrten als mein Pilot A. Metzger (er hieß ernsthaft so) die Landung ankündigte. Zuvor hatten mich Godzilla und King of Queens super davon abgelenkt.

So stand ich nun also am Flughafen von Delhi mit meiner Sporttasche, in die ich anscheinend doch meine Hanteln gepackt hatte. Nach der etwas kurios anmutenden Beantragung meines indischen Visums hatte ich auch häufig das Bild eines  indischen Grenzbeamten vor Augen, der beim Anblick meines Visums lauthals loslacht und "Are you kidding me?!" brüllt. Dies war zum Glück nicht der Fall. Der Talk mit den Grenzbehörden verlief relativ easy, doch dann sah ich das folgende Bild:


Ich will wirklich nicht übertreiben, aber am Flughafen standen etwa 200-300 Leute wie die Hühner aufgereiht, die irgendwelche hochgradig wichtigen Menschen mit Schildern empfingen. Mein Name auf einem dieser Schilder? Fehlanzeige! Nachdem ich nahezu alle Schilder peinlich genau observiert hatte und meinen Namen darauf nicht finden konnte, vergrößerte sich meine Halsschlagader spontan in Dwayne the Rock Johnson Ausmaße. "Okay, Ruhe bewahren.", dachte ich mir und vergrößerte meinen Radius. Und siehe da, ein vor schweiß triefender Mann mit einem vergleichsweise dezenten Schild stand etwas abseits der Menge und wartete tatsächlich auf mich. All das, was ich vorher per E-Mail besprochen hatte, schien doch keine riesige Luftblase zu sein. Auf einmal war die Sporttasche wieder deutlich leichter. 

Auf unserer halbstündigen Fahrt erzählte mir der ultra entspannte Hemender Kumar in seinem Mercedes Transporter aus dem Nähkästchen, was man denn alles so wissen sollte über Delhi und wich quasi im Halbschlaf den brenzligsten Verkehrssituationen millimetergenau aus. Nach einer halben Stunde im Verkehrschaos von Delhi, das Hemender als "relativ entspannt" schilderte, erreichten wir meine Unterkunft, von der ich nichts hatte außer einer Adresse. Ein Mann mit Schnauzer, der mir bis zur Schulter ging, und dessen T-Shirt, dass wohl größte Ralph Lauren Logo aller Zeiten auf sich hatte, öffnete das Tor. Hemender verschwand. Der Mann mit dem Schnauzer führte mich in mein Zimmer und dann lag ich mit weit geöffneten Augen auf einem Bett irgendwo in Delhi.
Der Beweis: die WWE macht glücklich. Auch 2 Uhr nachts.

"Wo bist du hier nur wieder gelandet. Und was willst du hier überhaupt?"

Ein undefinierbarer Gefühlscocktail hielt mich noch lange auf Trapp, bis ich im TV meines Zimmers etwas (für mich) Atemberaubendes entdeckte, das mir ein bisschen Heimat ins Tohuwabohu spülte: Es lief WWE Smackdown (Wrestling). Als Kind hat mich das mal total begeistert. Und so lag ich bis 3 Uhr nachts im Halbschlaf auf dem recht komfortablen Bett und starrte auf den Bildschirm. Ich war also angekommen. Zumindest körperlich.

Fortsetzung folgt

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