Morgens
um zehn in Indien. Ein hellhäutiger Mann sitzt in der Lobby seines
Hotels und will Frühstück bestellen. Sein Akzent deutet schnell an:
Er ist Franzose. Daneben sitze ich mit meinem French Toast und
beobachte die Szenerie. Ein Hotelangestellter nach dem anderen eilt
zu dem immer aggressiver auftretenden Franzosen und versucht, ihn zu
verstehen – ohne Erfolg. Verständlicherweise lautete die
Schlussfolgerung: "Ach, fragen wir mal das andere Weißbrot da
mit seiner obercoolen Brille (ich)." Auf einmal standen also
meine Französischkenntnisse auf dem Prüfstand. Er hätte sein
French Toast gerne mit einem "pan naturale", grundsätzlich
versteh ich das ja so halbwegs (vermutlich so etwas wie
Vollkornbrot), aber so wirklich dann doch wieder nicht. Und selbst wenn: Wie übersetzt man das nun in ein Englisch, dass ein indischer
Hotelangestellter versteht? Trotz meiner halbherzigen
Vermittlungskunst blieb das Problem ungelöst.
Laurent et moi |
Das Paradoxe dabei war, dass Laurent Französisch und Spanisch exzellent und Deutsch für Anfänger beherrschte, aber komischerweise nicht einen Hauch Englisch. Sowas gibt's auch nur in Frankreich. Ich hingegen beherrsche relativ gut Deutsch und auch mein Englisch kann sich mittlerweile sehen lassen, aber Französisch und Spanisch fallen ebenfalls in die Kategorie "rudimentäre Kenntnisse". Es entstand so ein origineller Sprachschaschlik, der mit fortschreitender Dauer für reichlich Belustigung sorgte, für den all meine Französisch-Lehrer sich allerdings in Grund und Boden geschämt hätten. Sätze wie der folgende prägten unsere gesamte Unterhaltung:
Je aime
India pero India est un grand chaos tambien pour mi.
Grammatikalisch
absolut katastrophal, im Kontext jedoch mit reichlich Gestik und
Kreativität irgendwie zu verstehen. Glücklicherweise waren wir
beide intelligent genug, um zu registrieren, dass Satzanfänge, die
man von Beginn an fragend beäugte, direkt stoppte und mit mäßigem
Erfolg versuchte, umzuformulieren. Klingt vielleicht anstrengend, war
aber lustig.
Die
Krönung fand dann statt, als wir auf dem Rückweg mit den
Rikscha-Fahrern über den Preis verhandelten. Falls mich mal jemand
fragt, ob ich schon mal in eine Sprache übersetzt habe, die ich
nicht kann, kann ich diese Frage von nun an mit ja beantworten. Ich
sprach zu dem Rikscha-Fahrer auf Englisch und übersetzte dann
unseren Gesprächsinhalt in einen französisch-spanischen Mix. Das
Coole dabei: Laurent hat es wirklich verstanden, was ich ihm in
meinem Sprachkauderwelsch übersetzte.
Lotus Tempel in Neu Delhi |
Das
typische Problem aller Südeuropäer hatte allerdings auch Laurent.
Sobald ich zwei Sätze am Stück verstanden hatte, dachte er, er
könnte sich mit mir fließend unterhalten – ohne sonderlich
langsam oder deutlich zu sprechen. Nachdem ich den dritten Satz am
Stück mit "Oui, Oui." quittierte, schnallte er aber auch,
dass Politikkonversationen wohl etwas zu weit führen.
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