Es
könnte doch alles so einfach sein. Heute ein bisschen arbeiten,
morgen den Flug buchen und übermorgen in Neu Delhi landen. Jeder,
der - trotz frappierender Ähnlichkeit - Angela Merkel von Heidi Klum auf den ersten Blick unterscheiden kann, wird jedoch wissen:
Meist liegen Traumvorstellung und Realität ein Stück weit
auseinander. Eine Erkenntnis, die mein Antrag für das indische Visum
auf merkwürdige Art und Weise unterstrich.
Eigentlich
ist so ein Visum ja gar kein Problem. Eigentlich. Also zumindest in
Deutschland. Und in Indien? Da muss ich zugeben, bin ich erstmal skeptisch. Hab ich vielleicht beim Indien-Seminar in der Uni zu gut aufgepasst. Wenn dann aber die Seite des Indischen Konsulats in etwa so
aussieht, wie die ersten Gehversuche der Programmierer von Sonic the
Hedgehog (ein SEGA-Actionheld des Jahres 1991), beruhigt mich das so sehr, wie vier doppelte Espresso.
"Okay, nun
leg mal deine deutsch-dekadente Arroganz ab und widme dich dem
Wesentlichen", redete ich mir ein. Nachdem ich zügig durchschaut
hatte, wie die allgemeinen Hinweise schnellstmöglich via next zu überspringen waren, meldete sich aber umgehend wieder der Deutsche in mir: "Es
kann doch nicht deren Ernst sein, dass ich mich für das offiziellste
und wahrscheinlich auch wichtigste Dokument dieser Reise bei einer
Firma mit dem Namen Cox and Kings Services melden soll." Das Kopfkino lief bereits auf Hochtouren: Cox and Kings - die Spielothek für Gewinner und Indische Visaangelegenheiten.
Die
wortwörtliche Übersetzung meines extrem vertrauenserweckenden
Visa-Dienstleisters erspare ich mir an dieser Stelle. Denn das
eigentliche Problem folgt erst noch: Um mein Visum zu
erhalten, sollte ich nämlich nicht nur die absurdeste Passbildgröße aller Zeiten (5x5cm) digital UND schriftlich in mehrfacher Ausführung einreichen, sondern auch mit 68 Euro (inklusive Cox and Kings Servicegebühr) in
Vorkasse gehen. Damit nicht genug. Auch mein Reisepass (im
Original(!)) musste zur (Briefkasten-)Firma meines
Vertrauens. Im Gegenzug erhielt ich dafür die ungemein beruhigende
Gewissheit, dass jede Antragsbearbeitung mindestens vier Wochen
dauert und jede Anfrage im Bearbeitungszeitraum unerwünscht ist. Was
für eine Wahl blieb mir nun? Super aufgeregt in der Botschaft
anrufen und den pingeligen zugeschnürten Deutschen spielen, der am
besten gar nicht erst nach Neu Delhi fliegen sollte?
Bis ich
den Umschlag endgültig in den Postkasten fallen ließ und nach
Berlin abschickte, war ich immer noch zwiegespalten, auf was ich mich hier eingelassen hatte.
Und
siehe da, es dauerte nicht einmal zwei Tage, bis ich notdürftig
versiegelte Post aus Berlin von einem Unternehmen namens Cox
and Kings in der Hand hielt. Im Umschlag enthalten waren - ich wollte es kaum glauben - : eine Quittung und mein wohl behüteter
Reisepass inklusive eines Visums, das in meinen unqualifizierten Augen
durchaus offiziell daherkam und zunächst dazu diente, mir drei bis vier Sorgenfalten von der Stirn zu wischen.
Andere
Länder, andere Sitten.
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