Nach einer wunderbaren Zeit im el salvadorianischen Pazifik-Dschungel – so widersprüchlich dieser Begriff auch
klingen mag – hat sich Reisegruppe Ostdeutschland gestern mal
wieder festes Schuhwerk angezogen und ist in die Schlacht mit diversen Grenzbehörden gezogen. Da unser Reiseziel dabei Nicaragua lautete, bedeutete dies gleichzeitig eine doppelte Auseinandersetzung mit den Damen und Herren der honduranischen Borderpatrol. Es gibt wirklich weitaus schönere Nachmittagsaktivitäten. Denn: Jeder Freizeitfussball-Spielbetrieb
Deutschlands ist vermutlich effizienter organisiert.
Zwischen den Staaten El Salvador,
Honduras, Nicaragua und Costa Rica besteht das sogenannte
C-4-Abkommen, das – eigentlich – den Sinn haben soll, die
Grenzüberquerungen zwischen den genannten Staaten zu vereinfachen. Der
Vorteil dabei: der Reisende braucht sich nach der Ausreise aus
Guatemala nicht mehr um einen Ein- bzw. Ausreisestempel der jeweiligen
Länder in seinem Pass bemühen, was ihm im Umkehrschluss wiederum zahlreiche Warteschlangen an
überfüllten Grenzübergängen erspart. Grundsätzlich ist das ja
eine super Idee – wenn sie denn auch konsequent umgesetzt werden
würde.
Etwa um neun Uhr morgens erreichten wir
die Grenze zwischen El Salvador und Honduras und passierten diese
nach etwas Papierkram für Jochen (unser Auto) in erstaunlich
schnellem Tempo, da uns ja die besagten Stempel erspart blieben. Das
dies auch definitiv so in Ordnung sei, versicherte uns im übrigen auch noch ein el
salvadorianischer Grenzmitarbeiter mit einem breiten Lächeln.
Ebenfalls freudestrahlend passierten wir also die Grenzmärkte zwischen El Salvador und Honduras und das Einzige, was unser allgemeines
Erstaunen über die Unkompliziertheit der Grenzüberquerung etwas
trübte, war ein kurzes aber umso absurderes Intermezzo mit der Polizei. Ein anscheinend finanziell motivierter Polizist wies uns in einem
Land, in dem Menschen hauptsächlich auf Ladeflächen und Autodächern
am Straßenverkehr teilnehmen, ernsthaft darauf hin, dass wir nicht
angeschnallt seien und dass man auf keinen Fall Barfuß fahren dürfe und rieb uns mit Hilfe eines Gesetzbuches, das die Anmut eines Hausaufgabenheftes eines Fünftklässlers hatte, seine vorgestellten Sanktionen unter die Nase. Dabei handelte es sich selbstredend um finanzielle Sanktionen. Nun, der gute Herr war bei weitem nicht der erste Polizist, mit dem wir uns bisher auseinandersetzen durften. Folgerichtig schmetterten wir verhältnismäßig routiniert alle seine semilegalen Forderungen nach „50 Dollar“, wie er es so
schön gebrochen hervorkeuchte, mit einem gekonnten „No
hablamos Espagnol“ (Wir sprechen kein Spanisch) sowie einem „Ingles tampoco“ (Englisch auch nicht) ab, bis es selbst ihm irgendwann zu peinlich wurde.
Schließlich sind wir ja Deutsche. Da hat man von Englisch noch nie was gehört ;-)
Etwa 200 Kilometer legten wir in
Honduras zurück und standen schließlich an der nächsten Grenze zu Nicaragua. "Das ging aber schnell bis jetzt", konstatierten Marcel und ich einstimmig. Leider passierte hier dann das, was ich irgendwie schon den ganzen Tag im
Gefühl hatte. Mit der Hilfe eines honduranischen Jugendlichen fanden
wir uns ungewohnt zielstrebig im Haus – oder eher der Baracke – mit
den großen Lettern MIGRACION wieder, wo ein Beamter mit
mittelmäßiger Laune unsere Pässe unter die Lupe nahm.
„You need a stamp from Amarillo! Where is it?“
Was für einen Stempel denn nun? Wir
hatten doch weit und breit ausgekundschaftet, dass ein solcher nicht
vonnöten sei. In perfektem Neandertaler-Spanisch erklärten wir dem
wenig diskussionsfreudigen Herren, was uns an der anderen Grenze zu
dieser Thematik versichert wurde, worauf dieser uns mitteilte, dass
dies absoluter Blödsinn sei, weil Honduras seit geraumer Zeit nicht
mehr Teil des C4-Abkommens ist.
Klasse! Nach irgendwelchen
semikriminellen Überlegungen entschlossen wir uns also – mit
spürbar schlechterer Laune – den Rückweg anzutreten und wieder
200 Km bzw. insgesamt 400 Km hinter uns zu bringen.
Aus einer völlig entspannten Ankunft
in nicaraguanischen Leon im Laufe des Nachmittags wurde so eine abendliche Welcome Back Party an der Grenze. Immerhin kannten wir uns hier nun bereits bestens aus.
Und man mag es kaum glauben: Wir passierten sie!
Mit reichlich lustigen Nebengeschichten
- wie beispielsweise einem Grenzpolizisten, der versuchte als
„Wegzoll“ ein Brooklyn Nets Cap oder einen elektrischen Rasierer
abzugreifen oder einem betrunkenen Grenzbeamten, der uns quasi als
Mitfahrgelegenheit nach Hause nutzte – erreichten wir triefend nass
und zugegebenermaßen etwas gestresst das schicke Örtchen Leon in
Nicaragua.
Puh! Eigentlich hatten wir uns diesen
Tag etwas anders vorgestellt. Doch wie wir alle wissen: Der Weg ist
das Ziel.