Vor genau zwei Wochen begann meine persönliche „Ein Leben in
New York“-Simulation unter den schillernden Lichtern des Times Square und das
kollektive Chaos von endlosen Menschenmassen, die allesamt hektisch den Broadway
entlang eilten, war mir als gutem alten Kleinstadtstudenten zunächst deutlich
zu viel. Zwei Wochen später sieht die New Yorker Welt jedoch plötzlich ganz
anders aus. Wie aus dem Chaos Normalität wurde.
Ich erinnere mich noch recht gut, wie hilflos und aufgeschmissen ich am ersten Tag meines New-York-Aufenthalts am pulsierenden Zentrum der Stadt, dem Times Square, in die grell aufleuchtenden überdimensionalen Werbescreens starrte und mich fragte: Warum gehen die Menschen hier eigentlich alle so unfassbar schnell? Warum sind hier alle so furchtbar hektisch? Und überhaupt: Wozu haben die New Yorker eigentlich so viele Ampeln in der Innenstadt, wenn ohnehin jeder macht, was er will?
Um in der allgemeinen Hektik New Yorks auch nur ansatzweise
voranzukommen, bedarf es eines fokussierten, zielstrebigen und ausgesprochen
zügigen Ganges – auch wenn man nicht den Hauch einer Ahnung hat, wo man eigentlich
hin will. Denn andererseits degradieren die gestressten Menschenmassen des Big
Apples den Ahnungslosen via „Excuse me“ oder „Sorry“ unverzüglich zum humanen
Spielball und treiben ihr Spielgerät rücksichtlos durch die pulsierenden Adern
der Stadt. Um dennoch so etwas Ähnliches wie eine Verkehrsordnung im Zentrum
der Stadt zu gewährleisten, existieren etliche Ampeln und zahlreiche
Polizisten, die zeitweise versuchen den Verkehr zu regeln. An für sich ist dies
in Anbetracht der unkontrollierbaren Menschenmassen jedoch eine
Sisyphos-Aufgabe. Es bahnt sich so oder so jeder Mensch seinen eigenen Weg
durch die geschäftigen Straßen New Yorks – ohne Rücksicht auf Verluste. Da tut
es auch nichts zur Sache direkt vor einem NYPD-Officer die Straße bei Rot zu
überqueren. Weder für den Passanten, noch für den Polizisten.
Insofern kommt es auch nicht von ungefähr, dass ich mich
nach und nach immer häufiger dabei ertappe, wie plötzlich ich der erste
Fußgänger bin, der todesmutig zwischen noch so kleinen Verkehrslücken die
Straßenseite wechselt und empört aufstöhnt, wenn ihm mal wieder so ein
nervtötender Tourist im Weg steht. Der
Spirit New Yorks geht mit einer rasenden Geschwindigkeit in das eigene Fleisch
und Blut über und es würde mich nicht sonderlich überraschen, wenn der ein oder
andere NY-Neuankömmling, mir bereits aufgrund meiner neu erworbenen
Unerschrockenheit ungläubig nachgestaunt hat.
Der Prozess der Verinnerlichung des „ganz normalen
Wahnsinns“ findet jedoch nicht nur auf den leuchtenden Avenues um den Broadway
statt. Auch Straßen- und U-Bahnkünstler, die an Tag eins noch an
Außergewöhnlichkeit und Originalität für mich kaum zu überbieten waren, sind
urplötzlich normal. Sie gehören genauso zum Alltag, wie der 60-Jährige Opa mit
rückwärtsgewandtem Cap, riesigen Beats-By-Dre-Kopfhörern und tiefen Baggypants,
der lauthals die Gesangstexte seines Lieblingsrappers in der U-Bahn mit rappt
oder die sportliche junge Mutti, die die Amsterdam Avenue entlang mit ihrem
Kinderwagen joggt.
Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit registriert man dann
auch, dass die Frage „How is it going?“ eines jedweden Starbucksverkäufers
nicht darauf abzielt, ausführlich meine Lebensgeschichte hören zu wollen,
sondern es sich vielmehr um eine Floskel der Höflichkeit handelt.
Sicher bin ich nach zwei Wochen immer noch alles andere als
ein normaler Einwohner New Yorks, aber dennoch ist es ungemein beeindruckend,
mit welch einer atemberaubenden Geschwindigkeit die außergewöhnlichen Reize,
der Spirit, New Yorks, in das eigene Fleisch und Blut übergeht. Nach
zweiwöchiger Feinjustierung sind meine Sinne erst jetzt vollständig dazu in der
Lage, die oftmals so liebenswerten Details, die die Pracht New Yorks erst
vollends zur Geltung bringen, wahrzunehmen.
Nach und nach weichen das Empire State Building, der Times Square oder
der Madison Square Garden in der persönlichen Gunst den lokalen liebenswürdigen
Attraktionen der Stadt wie z.B. der Erlebnisbar „Fat Cat“ in West Village oder
dem „Farmers Market“ am Union Square. Zeitgleich keimt immer spürbarer der
Gedanke auf, dass mein Aufenthalt in New York eigentlich erst jetzt so richtig
beginnt.
Hallo Erik, wir wünschen dir heute einen besonders schönen Tag. Geburtstag in den USA hat ja was, habe ich auch schon paarmal erlebt.
AntwortenLöschenDanke, den hatte ich ! :)
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